Lernen durch Erleben: So laufen die Fokuswochen in der neuen KV-Lehre ab


Die neuen Fokuswochen bringen Abwechslung in die kaufmännische Lehre. Vom Gründen eines Startups bis zur Organisation einer Kunstführung – die Lernenden können ihr Wissen in realitätsnahen Projekten anwenden. Dabei entwickeln sie ihre fachlichen, sozialen, personalen und methodischen Kompetenzen weiter. Im folgenden Text erzählen die Lernende Milena Romer und der Prorektor Pascal Renggli, wie sie die ersten vier Fokuswochen erlebt haben.

Drei Schüler und Schülerinnen, die zusammen an einem Tisch vor einem Laptop sitzen.

 

 

 

 

 

 

Die ersten drei Semester der neuen kaufmännischen Lehre sind vorbei. Im Sommer 2023 sind die ersten KV-Lernenden nach neuer Bildungsverordnung in die Lehre gestartet. Zu den Neuerungen gehören unter anderem die schulintern entwickelten, interdisziplinären Module, die «Fokuswochen» genannt werden. Während der gesamten Lehre gibt es sechs solcher Fokuswochen – die ersten vier sind nun vorbei. Deshalb ziehen wir mit dem Prorektor Pascal Renggli und der Lernenden Milena Romer ein Zwischenfazit:

Ein Startup gründen und neue Praliné-Sorten entwickeln

In der ersten Fokuswoche tauchten die Lernenden in das Planspiel «EcoStartup» ein. In dieser Wirtschaftssimulation gründeten die Lernenden in Gruppen ein fiktives Unternehmen und erprobten, welche Auswirkungen ihre selbst getroffenen Entscheidungen auf das Unternehmen hatten. So erlernten sie spielerisch betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse und konnten diese direkt umsetzen. Milena Romer sagt, dass ihr diese Woche bislang am meisten Spass gemacht hätte: «Es war spannend, zu erproben, wie ein Startup aufgebaut ist. So etwas habe ich vorher noch nie gemacht.»

In der zweiten Fokuswoche bekamen die Lernenden die Aufgabe, für einen lokalen Confiseur-Betrieb fiktive Beratungsgespräche zu führen sowie eine neue Praliné-Sorte vorzuschlagen. Dieser Vorschlag musste sich auf selbst durchgeführte Kundenumfragen stützen. Parallel dazu erstellten sie einen Podcast, in dem sie der Zuhörerschaft erklärten, auf was es beim Erstellen einer Umfrage ankommt. Auf diese Weise konnten sie das Erlernte nochmal aus einer anderen Perspektive beleuchten.

In der dritten Fokuswoche organisierten die Lernenden in Gruppen eine Kunstführung im öffentlichen Raum und übten sich somit auf fachlicher Ebene im Projektmanagement. Mit der Präsentation eines Kunstwerks vor Ort trainierten die Lernenden zudem ihre Auftrittskompetenzen.

In der vierten Fokuswoche erstellten die Lernenden ein Kommunikationskonzept sowie ein Werbevideo, um eine selbsterfundene Internetplattform zu vermarkten. Dabei mussten sie ein spezielles Angebot für ein englisch- oder französischsprechendes Zielpublikum einbauen.

Überfachliche Kompetenzen stärken

«Einerseits sollen die Lernenden in den Fokuswochen ihre fachlichen Kompetenzen erweitern und realitätsnah einsetzen können. Andererseits sind die Aufgaben so gestellt, dass sie sich auch in den überfachlichen Kompetenzen (Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen) weiterentwickeln können,» sagt Pascal Renggli. Um die eigene Entwicklung zu reflektieren, setzen sich die Lernenden für die Fokuswochen Ziele, deren Erreichung sie im Anschluss überprüfen. Die Schule legt dabei die Schwerpunktthemen der Reflexionen fest. In der ersten Reflexion der Fokuswochen eins und zwei lag der Schwerpunkt auf der Sozialkompetenz «Zusammenarbeit im Team». In der zweiten Reflexion der Fokuswochen drei und vier ging es um die eigenen Stärken in der Auftrittskompetenz.

Milena Romer bestätigt, dass sie sich in diesen zwei Bereichen persönlich stark weiterentwickeln konnte: «Wir haben gelernt, gut im Team zusammenzuarbeiten. Dazu gehörte zum Beispiel, verschiedene Ansichten zu akzeptieren und einen gemeinsamen Nenner zu finden, so dass am Ende alle zufrieden waren. Zudem mussten wir jeweils viele Aufgaben in kurzer Zeit erledigen, weshalb wir diese gut priorisieren und untereinander aufteilen mussten.» Auch ihre Auftrittskompetenzen habe Milena Romer in den Fokuswochen stärken können: «In jeder Fokuswoche gab es in irgendeiner Form eine Präsentation oder einen Auftritt. Die Kompetenzen, wie zum Beispiel selbstbewusstes Auftreten, deutliches und klares Sprechen, Blickkontakt halten, kann ich nun auch in meinem Arbeitsalltag gut einsetzen.»

Unerwartete Ergebnisse

«Das Spezielle an den Fokuswochen im Vergleich zum Regelunterricht ist, dass in jedem Projekt mehrere Fachbereiche ineinander spielen und dass die Aufträge sehr offen formuliert sind,» sagt Pascal Renggli. Es sei ein Teil der Aufgabe, dass sich die Lernenden in einer komplexen Situation selbst zurechtfinden. Die Lehrpersonen stehen während den Projektwochen als Coaches unterstützend zur Seite. Milena Romer sagt dazu: «Zuerst war es herausfordernd, dass die Aufgaben so offen gestellt wurden. Wir mussten uns viel Hintergrundwissen selbst erarbeiten. Das war zeitaufwändig. Das Gute daran war aber, dass wir viel Eigenverantwortung übernehmen, selbst Entscheidungen treffen und eigene Ideen einbringen konnten. So waren wir am Ende eines Projekts immer stolz auf uns und darauf, was wir geschafft hatten.»

Pascal Renggli ergänzt: «Es ist erfreulich, wie gut sich die Lernenden in die Themen eindenken und sich bei der Umsetzung engagieren.» So kamen bei jeder Gruppe unterschiedliche und zum Teil auch unerwartete Ergebnisse heraus. Die Qualität der Projektarbeiten sei bis jetzt, laut Renggli, sehr gut gewesen.

So geht es weiter

In der fünften Fokuswoche werden die Lernenden in die Rollen von Verkäufern und Verkäuferinnen sowie Kunden und Kundinnen schlüpfen, um Verkaufsgespräche in der Landessprache oder in Englisch zu üben. Diese Fokuswoche soll unter anderem zur Vorbereitung für die mündlichen QV-Prüfungen im Handlungskompetenzbereich D dienen, der sich thematisch dem «Gestalten von Kunden- und Lieferantenbeziehungen» annimmt.

In der sechsten Fokuswoche wird erneut die Unternehmenssimulation «EcoStartup» zum Einsatz kommen, wie bereits in der ersten Fokuswoche. Dieses Mal wird aber auf einem höheren Niveau gespielt. Die Lernenden werden zum Beispiel mehr Kennzahlen berechnen und Statistiken aufstellen müssen, um Investoren von ihrem Unternehmen zu überzeugen.